Berufliche Schulen

Saarbrücken – Die angekündigte schrittweise Schulöffnung ab dem 4. Mai sollte an die beson-deren Bedingungen des beruflichen Schulsystems angepasst werden. Mit ihren verschiedenen Schul-formen finden an Berufsbildungszentren am ...

Schuljahresende eine Vielzahl von Prüfungen statt:  Abitur, Prüfungen in der Fachoberschule, in den Berufsfachschulen und im Berufsvorbereitungsjahr, zudem werden Auszubildende auf die Kammerprüfungen vorbereitet. Weil diese Schulformen meist nur drei-, zwei- oder einjährig sind, gibt es an beruflichen Schulen mehr Abschlussklassen als an allgemeinbildenden Schulen. Dadurch müssen viele Prüfungen, die teilweise parallel laufen, organisiert werden. „Die Raum- und Personalplanung ist schon ohne Covid-19 eine Herausforderung und nun kaum mehr zu bewältigen“, sagt Claudia Kilian, Co-Vorsitzende der Fachgruppe Berufliche Schulen der GEW.

„Hinzu kommt, dass unsere Schüler*innen als Jugendliche und Erwachsene einen größeren Bewegungsradius haben als Lernende anderer Schulformen. Auszubildende arbeiten in den verschiedensten saarländischen Betrieben und viele Schüler*innen haben Nebenjobs. Wenn Gesundheits- und Infektionsschutz nicht an erster Stelle stehen“, fürchtet Kilian, „könnten berufliche Schulen zum Virenumschlagsplatz werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung haben.“

Bis zur Beschulung der Abschlussklassen ab dem 4. Mai muss es ein funktionierendes Hygienekonzept geben und die Schulen müssen entsprechend ausgestattet sein. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass Kolleg*innen, die in den betreffenden Schulformen und Klassen eingesetzt sind, nicht überlastet werden. Eine Verkleinerung der Lerngruppen aus Gründen des Infektionsschutzes bedeutet eine höhere Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte. Hinzu kommt, dass Lehrkräfte ihre Nicht-Abschlussklassen weiterhin digital betreuen. Auch ist davon auszugehen, dass zahlreiche Kolleg*innen zur Risikogruppe gehören und viele deshalb im Home-Office verweilen müssen. Die Last verteilt sich in der Beschulung also auf weniger Schultern. Um die Familien der Lehrkräfte zu entlasten, sollte die Lehrtätigkeit für das Gemeinwesen als unverzichtbar angesehen werden und die Notbetreuung für Kinder von Lehrpersonen geöffnet werden.

Ein weiteres Problem ist die landesweit uneinheitliche Vorbereitung der Schüler*innen auf die Prüfungen. Dies kann zu Ungerechtigkeiten führen, da manche Lerngruppen vor der Krise bereits mehr Unterrichtsstoff zusammen mit ihren Lehrkräften in der Schule erarbeiten konnten, während andere dies nach den Schulschließungen per Fernunterricht tun mussten. Eine Umfrage der GEW, an der mehr als 500 Beschäftigte teilnahmen, zeigt, dass etwa ein Drittel der Schüler*innen digital nicht erreichbar waren. Claudia Kilian erklärt: „Aus Erfahrung sind dies meist Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien. Ihnen fehlt die technische Ausstattung, um die digitalen Unterrichtsangebote zu nutzen. Außerdem können Eltern den Schüler*innen weniger helfen, insbesondere wenn die Familie zu Hause kein Deutsch spricht. Diese jungen Menschen zählen zu den Verlierern der Corona-Krise. Die Chancengleichheit ist hier nicht gegeben.“

Die Landesvorsitzende der GEW Saarland Birgit Jenni fordert deswegen dazu auf von den Abschlussprüfungen der Berufsfachschulen und des Berufsvorbereitungsjahres abzusehen. Das bisher Geleistete soll den Schüler*innen in einem entsprechenden Abschlusszeugnis zuerkannt werden. Falls dennoch an den Prüfungen festgehalten wird, sollte es Möglichkeiten an den einzelnen Standorten geben, eventuell nicht oder nur beschränkt behandelten Unterrichtsstoff aus den Prüfungen zu streichen. Auch sollte darauf geachtet werden, dass viele Kolleg*innen in den Prüfungsfächern stark belastet sein werden, weil sie die Prüfungen mehrerer Schulformen parallel korrigieren. Hier sollten Lehrkräfte bei Bedarf von der Präsenzpflicht an den Schulen befreit werden können.