Kritik am Landeshaushalt 2021/22

Saarbrücken – Im Haushaltsplan des Saarlandes ist für die Rechnungsjahre 2020/21 im Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung und Kultur auf Seite 87ff. erkennbar, dass die Landesregierung den Abbau von 75 Stellen  ...

im Bereich der beruflichen Schulen beabsichtigt. Die GEW Saarland, Fachgruppe Berufliche Schulen, lehnt diesen Personalabbau ab.


Kein Stellenabbau in Zeiten der Mehrbelastung

Gerade in der Corona-Pandemie zeige sich, dass eine ausreichende Personalisierung der beruflichen Schulen notwendig ist. Dies erläutert die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende und Co-Vorsitzende der Fachgruppe berufliche Schulen, Claudia Kilian: „In der aktuellen Situation ist ein deutlicher Anstieg von zeitweiligen Personalausfällen erkennbar (etwa durch Quarantäne-Maßnahmen). Dies führt zu einer erhöhten Beanspruchung der Lehrkräfte an den Berufsbildungszentren. Um den Regelbetrieb aufrecht erhalten zu können, werden an den Schulen i. d. R. Unterrichtsvertretungen angeordnet, die von jetzt bereits stark beanspruchten Lehrkräften übernommen werden, was zu einer starken Belastung der Kolleg*innen führt. Diese Situation ist inzwischen zu einem Dauerzustand an den Schulen geworden.“

Hinzu komme, dass die Lehrkräfte auch mehr Aufsichten absolvierten und teilweise in den Pausen ihre Lerngruppen beaufsichtigen müssten. „Die Mehrbelastung der Kolleg*innen, führt gegenwärtig zu einer angespannten Atmosphäre an den Schulen. Uns erreichen Überlastungsanzeigen, die Stimmung unter den Kolleg*innen ist schlecht.“, so Kilian weiter. „Wir benötigen dringend flexibel einsetzbares Personal, etwa in Form einer Lehrerfeuerwehr.“ Auch könnten bedarfsweise Lerngruppen im Hybridunterricht beschult werden, wenn es die Situation erfordert. „Viele Lernende in der Berufsschule oder der gymnasialen Oberstufe könnten problemlos digital beschult werden. Dann hätten wir mehr Ressourcen, Schüler*innen, die noch nicht über die notwendigen Kompetenzen verfügen, besser zu fördern.“


Multiprofessionelle Teams ausbauen


Insgesamt gebe es zu wenige Berufsschullehrkräfte, etwa im Bereich Technik, aber auch im Bereich Pädagogik/Psychologie. Ein Schlüssel zur Zukunftssicherung des Personalbedarfs liege auch in der universitären Lehrerausbildung: „Wir benötigen mehr Didaktik der beruflichen Bildung in der universitären Ausbildung. Viele Abiturient*innen wissen gar nicht, dass das Berufsschullehramt eine attraktive Option für sie sein kann. Hierfür brauchen wir dringend mehr Lehrangebote an den Hochschulen und Didaktikprofessuren für berufliche Fächer“, so Kilian.

Die sehr heterogene Schülerschaft des beruflichen Übergangssystems sei besonders davon betroffen. Zur Umsetzung der Inklusion werden an beruflichen Schulen laut einer Studie zur Inklusion von Professor Klemm, die von der GEW Saarland beauftragt wurde, massiv Lehrkräfte an den Berufsbildungszentren benötigt, sagt Co-Vorsitzende Claudia Kilian: „Gerade sozial Benachteiligte, Lernende mit Förderbedarf, mit Fluchterfahrungen, traumatisierte Schüler*innen oder solche mit psychischen Störungen benötigen ein schulisches Umfeld, in dem sie bestmöglich gefördert werden können. Dazu gehören insbesondere multiprofessionelle Teams aus Lehrkräften, Sozialpädagog*innen, Praxislehrkräften, Förderlehrkräften und Sprachförderlehrkräften. Gerade letztere sind für eine gelingende Integration von Nicht-Muttersprachler*innen unabdingbar. Hierfür benötigen wir Personal. Deshalb ist der Abbau von 75 Vollzeitstellen das falsche Signal.“


Mehr Ressourcen für Digitalisierung

Auch die Umstellung auf digitalen Unterricht und „blended learning“ im Bereich der beruflichen Schulen erfordere den Einsatz erheblicher finanzieller und personeller Ressourcen. Carsten Kohlberger, Co-Vorsitzender der Fachgruppe berufliche Schulen, erklärt: „Gerade der Einstieg in die Lernplattform ‚Online Schule Saarland‘ wurde im Wesentlichen vom Engagement zahlreicher Lehrkräfte an den Schulen getragen, die so zum Erfolg der Maßnahmen beitrugen. Es ist gut, dass digitale Lernmaterialien erstellt werden und vulnerable Schüler*innen online beschult werden können, aber all das muss auch ausgearbeitet, organisiert und administrativ begleitet werden. Das alles machen Lehrkräfte zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben.“

Daher braucht es nicht nur Investitionen in die digitale Infrastruktur der Berufsbildungszentren, in Endgeräte oder Softwareanwendungen. Digitalisierung erfordert auch den Einsatz von Lehrkräften, welche sich diese für viele neuartigen Methoden aneignen und andere fortbilden, die Schüler*innen innerhalb der Cloud verwalten und altersangemessene sowie didaktisch sinnvolle Lernarrangements erstellen und überarbeiten. Die notwendige Digitalisierung kann daher nur gelingen, wenn ausreichend personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, das digitale Lernen vor Ort auch zu gestalten.


UKS-Studie erhebt keine Daten an beruflichen Schulen

Zudem kritisiert die Fachgruppe, dass in einer Studie zur Übertragung von Covid-19 an saarländischen Schulen, die das Universitätsklinikum Homburg durchführt, die beruflichen Schulen außer Acht gelassen werden. Kohlberger: „Wir können nicht ausschließen, dass die beruflichen Schulen als große Schulstandorte mit heterogener Schülerklientel in besonderem Maße zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Deshalb hätten wir uns gewünscht, dass nicht nur an Grund-, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien, sondern auch an beruflichen Schulen die Übertragung des Virus erforscht wird. Die beruflichen Schulen finden in der Studie keinerlei Erwähnung.“